Blind in Steglitz ist eine performative Aktion und ein multimediales Projekt für und von ALLEN: Sehenden, Sehbehinderten und Blinden.
Anlässlich des internationalen Welttags des weißen Stockes am 15. Oktober 2022.
Blinde Menschen in Berlin
In Berlin leben 6 000 blinde und 20 000 sehbehinderte Menschen. An der Schaffung von barrierefreien Städten wird intensiv gearbeitet. In der Diskussion findet das Thema Lärm allerdings wenig Beachtung. Der städtische Lärm ist es jedoch, der es blinden und sehbehinderten schwer macht, sich im Stadtraum zu orientieren. Ziel unserer Aktion ist es, das Thema Lärm-Barrieren aus Sicht der Betroffenen zu thematisieren und zur Diskussion zu stellen. Vor der Stockniederlegung zieht die Gruppe – wie in einer Parade – mehrfach über die Kreuzung, unter Beachtung der Verkehrszeichen. Zum Abschluss wird es im Umfeld des Steglitzer Kreisels ein Bühnenprogramm geben, in dem sich die Gruppe vorstellt, ihre Anliegen formuliert und Forderungen stellt. Dieses Bühnenprogramm wird zuvor in der Veranstaltungsreihe im Blindenhilfswerk entwickelt und gestaltet.
Zur Zusammenarbeit von Gerd Conradt, Olaf Garbow und Hartmut Jahn
Seit mehr als zwanzig Jahren treffen sich der von Geburt blinde Musiker und Masseur Olaf Garbow und Gerd Conradt in der gemeinsamen Band. Gerd hört und sieht mit Auge und Ohr. Olaf lebt nicht im Dunklen, eher in einem Nichtraum, der allerdings den akustischen, klanglichen Stadtraum zur Orientierung braucht. In der Musik kommen sie sich am nächsten.
Die Zunahme des städtischen Lärms führt dazu, dass Olaf und seine Gruppe der Blinden trotz der installierten klanglichen Hilfsmittel an Ampeln und anderen Orten die Orientierung verlieren. Neue Baustellen und wild abgestellte Scooter führen zu Stürzen und Unfällen.
Besonders extrem: Der Ort am Steglitzer Kreisel am Ende der Schlossstraße, um zur Wohnung zu gelangen. Jetzt ist er an einem inneren Punkt angelangt, wo er und seine Gruppe mit öffentlichen künstlerischen Aktivitäten dem Lärm und der Klangverschmutzung in Steglitz trotzen wollen, die die Orientierung im urbanen Raum verwehrt.
Gerd Conradt und Hartmut Jahn arbeiten seit langem gemeinsam an Filmprojekten. Dies ist die erste Produktion im Rahmen der Projektfonds Urbane Praxis.
Ebenfalls gab es eine Veranstaltungsreihe zur Woche des Sehens vom 06.-14.10.22,die im Karl-Wulff-Saal des Blindenhilfswerks Berlin Steglitz, Lepsiusstrasse 117 stattfand, entwickelt in Zusammenarbeit mit sehbehinderten, blinden und sehenden Menschen.
Es handelt sich um ein Projekt der Berliner Künstler*innen-Gruppe „BRAILLIES“, bestehend aus sehbehinderten, blinden und sehenden Menschen, Gerd Conradt, Olaf Garbow und Hartmut Jahn.
Projekt-Bilder
Programm
- Donnerstag 6. Oktober 2022 – 18:00 Uhr:
Ich kann keine Kunst mehr sehen mit Timm Ulrichs und
Blinde Fotografen mit Karsten Hein - Samstag 8. Oktober 2022 – 18:00 Uhr:
Blinde Seher mit Prof. Dr. Peter Bexte und
Stock-Training mit Thomas Braun - Sonntag 9. Oktober 2022 – 18:00 Uhr:
Blinde Erzieherin und Künstlerin Silja Korn im Gespräch und
Shot in the dark (mit AD),
Blinde Fotografinnen in New York,
Film und Gespräch mit dem Regisseur Frank Amman - Donnerstag 13. Oktober 2022 – 18:00 Uhr:
Flüsterchor mit Gerd Conradt und Olaf Garbow,
Öffentliche Vorbereitung der Parade und Stock-Niederlegung - Freitag 14. Oktober 2022 – 18:00 Uhr:
Jesus heilt einen Blinden
mit Pfarrer Paulus Hecker und
Radio Days – Podcast, OhrSichtRadio
Podcast Folge 1 – Interview Hartmut Jahn in der Projekt-Woche des Sehens
Podcast Folge 2 – Umzug Blind in Steglitz mit Stöcken sehen - Samstag 15. Oktober 2022 – 13:00 Uhr:
Parade und Stock-Niederlegung in Steglitz
Kreuzung Steglitzer Kreisel,
Treffpunkt: zwischen BackPavillon und Apotheke vor
Schwartzscher Villa, Schloßstraße Ecke Grunewaldstrasse.
Die nächste Haltestelle der S- und U-Bahn heißt Rathaus Steglitz.
Der Eintritt ist kostenfrei. Direkt im Anschluss an die Parade gibt es
Grußworte der Bürgermeisterin von Berlin Steglitz-Zehlendorf
Maren Schellenberg. - Dienstag 05. September 2023 , Berlin-Grundewald:
StadtLärm zu KlangBild
Im Rahmen der Woche der urbanen Praxis „OWN YOUR CITY“ laden wir herzlich ein:
BLIND IN STEGLITZ – Lärm als Barriere
Weiße Stock Parade in Berlin, Musik, Book-Release Party
Blinde und Sehende in allen Gradationen berichten von ihren
Aktionen zum Welttag des weißen Stockes am 15. Oktober.
Termin: Dienstag, 05. September 2023 von 18 bis 21 Uhr
Ort: ABSV – Allgemeiner Blinden- und Sehbehindertenverein Berlin e.V.
(S-Bahn: Grunewald | Zugang ABSV barrierearm)
Auerbachstraße 7 in 14193 Berlin-Grunewald - Donnerstag 12. Oktober 2023 – 18 bis 21 Uhr
Veranstaltung im EXPLORATORIUM – Raum für live Musik
Improvisierte Musik mit/von ALLEN, Book-Release-Party mit Berichten von der ersten weißen Stockparade und Stock-Niederlegung. Gezeigt werden Videos von den Aktionen. Vorgestellt wird das Buch „Blind in Steglitz – Lärm als Barriere – KlangBild aus Stadtlärm.“
Veranstaltungsort: Zossener Str. 24, 10961 Berlin-Kreuzberg
Telefon: 030 84721052
Eintritt frei
Interviews
Interview mit Verena Bentele – Präsidentin des Sozialverbandes VdK
- Frage 1: Wir planen eine Stockniederlegung – als Zeichen für die Sehenden. Welche Bedeutung hat der Welttag des weißen Stockes für sie? Wie geht es Ihnen, wenn Sie den weißen Stock nutzen?
Antwort: Der Welttag des weißen Stockes ist wichtig, um die Bedeutung dieses effektiven und unverzichtbaren Hilfsmittels aufzuzeigen. Noch immer wissen nicht alle Menschen, dass es den weißen Stock gibt und wofür er steht. Wenn ich meinen weißen Stock, den IO, in der Hand halte, dann ist er mein „Auge“ für die Orientierung und meine Möglichkeit, um meine Komfortzone zu verlassen und mich selbstständig zurechtzufinden. - Frage 2: Wir beschäftigen uns mit dem Lärm als Barriere im Straßenverkehr – ist das ein Thema für Sie? Welchen Wunsch haben Sie im Bezug auf unsere Kunstaktion, welches Zeichen sollte von ihr ausgehen?
Antwort: Lärm ist für blinde Menschen eine echte Herausforderung, denn neben dem Stock sind die Ohren entscheidend, um sicher ans Ziel zu kommen. Ich wünsche mir, dass durch die Kunstaktion Städteplaner genauso sensibilisiert werden wie alle Verkehrsteilnehmenden, die sich den begrenzten Platz teilen. Hindernisse, die einfach im Weg stehen, können eine echte Gefahr sein, genau wie laute Straßen, die man ohne eine für blinde ausgerüstete Ampelanlage überqueren möchte. Hier braucht es mehr Rücksicht aller.
Interview mit Jürgen Dusel – Beauftragter der Bundesregierung für die Belange von Menschen mit Behinderungen
- Frage 1: Wir planen eine Stockniederlegung – als Zeichen für die Sehenden. Welche Bedeutung hat der Welttag des weißen Stockes für Sie? Wie verwenden Sie den weißen Stock für sich – wie geht es Ihnen damit?
Antwort: Der weiße Stock ist ein wichtiges Hilfsmittel auch für mich. Er verschafft mir Sicherheit und Mobilität, gerade in einer nicht barrierefreien Umwelt. Manchmal hätte ich aber auch gerne beide Hände frei. - Frage 2: Wir beschäftigen uns mit dem Lärm als Barriere im Straßenverkehr – ist das ein Thema für Sie? Welchen Wunsch haben Sie im Bezug auf unsere Kunstaktion, welches Zeichen sollte von ihr ausgehen?
Antwort: Lärm ist nicht nur nervig und ungesund, sondern gerade auch für Blinde und sehbehinderte Menschen eine Gefahrenquelle. Auch ich überhöre manchmal im Lärm Gefahren. Deshalb ist es zum Beispiel aber auch wichtig, dass E-Autos beim Fahren ein Geräusch erzeugen. Ihre Aktion sensibilisiert für diese Belange von Menschen mit Behinderungen im Straßenverkehr. - Frage 3: Wie sollte ein Bildungszentrum für sehbinderte und blinde Menschen im Zeitalter des Digitalismus aussehen?
Antwort: Gerade in Zeiten des digitalen Wandels sollten Bildungsangebote grundsätzlich inklusiv gestaltet werden. Unser Ziel muss es ein, dass Menschen mit und ohne Behinderungen gemeinsam lernen können, und zwar ein Leben lang.
Organisations-Team
Eva Luise Volkmann
Hedwig Korte
Llane Fragoso Maldonado
Alfa Conradt
Armin Fausten, Kamera
André Acosta Blaschitz, Animation
Fabio Biasio, Grafik
Beratung: Deniz Veljkovic (aldenvel.de)
Konzept und künstlerische Durchführung:
Gerd Conradt, Olaf Garbow, Hartmut Jahn nach einer Idee von Gerd Conradt
Produktion: Hartmut Jahn Studio Berlin
Barrierefreies Webdesign
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